Untersuchungsgebiete
Doggerbank
Die Doggerbank ist mit einer Größe von rund 18 000 km² die größte Sandbank der Nordsee und erstreckt sich über die Wirtschaftszonen von Großbritannien, den Niederlanden, Deutschland und Dänemark. Der deutsche Teil der Doggerbank – der sogenannte Entenschnabel – ist mit 1624 km² verhältnismäßig klein und umfasst eine Wassertife von 29 m bis 40 m (BfN, 2008b; Sell et al., 2011). Die Doggerbank gehört zum Lebensraumtyp „Sandbänke mit nur schwacher, ständiger Überspülung durch Meerwasser“ und trennt zwei ökologisch verschiedene nördliche und südliche Bereiche voneinander (Sell et al., 2011). Sie ist ein bedeutender Lebensraum für an Substratumlagerungen angepasste Endofauna und wird überwiegend von der Bathyporeia-Fabulina-Gemeinschaft besiedelt (BfN, 2008b).
Die Doggerbank gilt als Trittstein für die Verbreitung von Faunenelementen des gesamten Nordseeraums (Sell et al., 2011). Sie ist Nahrungs- und Fortpflanzungsgebiet für zahlreiche Fischarten und somit auch ein beliebter Nahrungsgrund für Seevögel und Meeressäuger wie Schweinswale und Seehunde. Aber auch Nördliche Zwergwale, Weißschnauzendelfine und Weißseitendelfine werden immer wieder auf der Doggerbank gesichtet (Sell et al., 2011).
Das gesamte Gebiet wird von etwa vier Fischereiereignissen pro Jahr belastet (Sell et al., 2011). Vor allem die Fischerei mit Baumkurren, mit denen Plattfischarten wie Scholle und Kliesche gefangen werden, hat bisher große negative Auswirkungen auf die Doggerbank. Der Ausschluss der Fischerei in diesem Gebiet kann zu einer Erholung der benthischen Gemeinschaft führen, die wiederum von Fischen als Nahrung genutzt werden. Reiche Fischgründe würden sich auch positiv auf die Populationen der Meeressäuger auswirken, welche sich im Gebiet der Doggerbank aufhalten.
Borkum Riffgrund
Der Borkum Riffgrund im Südwesten der deutschen AWZ ist mit einer Gesamtfläche von 625 km² ein vergleichsweise kleines, dafür aber sehr vielfältiges Schutzgebiet, welches geprägt ist von einer großen Sandbank die rund 80% der Fläche einnimmt, mit zahlreichen, eingestreuten Riffarealen (BfN, 2008c). Der Borkum Riffgrund erstreckt sich von 18 m bis 33 m Wassertiefe und weist eine große Substrat- und Habitatvielfalt auf, besiedelt von kleinräumigen Benthosgemeinschaften wie der Fabulina-fabula- oder der Goniadella-Spisula-Assoziation (BfN, 2008c; Sell et al., 2011).
Die ökologische Bedeutung dieses Schutzgebietes liegt in dem Zusammenspiel von Sandbänken und Riffen, welche zu einer besonderen Artenvielfalt führt. Allein beim Makrozoobenthos wurden bereits 165 Arten nachgewiesen, davon zahlreiche bedrohte Arten (www.bfn.de, „Das Schutzgebiet Borkum-Riffgrund“).
Mittlerweile werden auch immer häufiger Schweinswale mit Jungtieren am Borkum Riffgrund gesichtet. Aber auch Seehunde und Kegelrobben nutzen das Gebiet als Nahrungsgrund und als Wanderroute (BfN, 2008c). Aufgrund der vielen Riffstrukturen wird der Borkum Riffgrund vergleichsweise wenig befischt. Ein Ausschluss der Fischerei wird aber auch am Borkum Riffgrund zu Veränderungen führen.
Sylter Außenriff - Östliche Deutsche Bucht
Das Sylter Außenriff ist ein 5314 km² großes Areal in der südlichen Nordsee (BfN, 2008a; Sell et al., 2011). Das Gebiet überschneidet sich in weiten Teilen mit dem Naturschutzgebiet „Östliche Deutsche Bucht“, welches nach Vogelschutzrichtlinien ausgewiesen ist, vor allem aufgrund der hohen Vorkommen von Stern- und Prachttauchern in dem Gebiet (Sell et al., 2011). Das Sylter Außenriff weist eine große Vielfalt an unterschiedlichen Sedimentstrukturen und Lebensräumen auf. Im Westen ist das Sylter Außenriff durch die Flanken des Elbe-Urstromtals begrenzt. Hier ragen häufig Grobsand- und Kiesflächen durch die Sandschicht, ebenso wie einzelne Steine und Riffe. Im Südosten hingegen befindet sich die Amrumbank, eine der größeren Sandbänke der Deutschen Ausschließlichen Wirtschaftzone (AWZ) der Nordsee.
Zwei Lebensraumtypen dominieren das Sylter Außenriff, Sandbänke und Riffstrukturen. Unter den Sandbänken sticht vor allem die Amrumbank hervor. Hier treten die für Sandbänke typischen Benthosgemeinschaften auf, insbesondere die Goniadella-Spisula-Assoziation (BfN, 2008a). Zudem hat die Amrumbank eine wichtige Wechselbeziehung mit der Macoma-Gemeinschaft des nahen gelegenen Wattenmeers und ist daher in ihrer Ausprägung einzigartig in der AWZ. Riffstrukturen werden am Sylter Außenriff durch großflächig zusammenhängende Moränenrücken und Reliksedimente geprägt (BfN, 2008; Sell et al., 2011). Zum einen gibt es Steinfelder, die den Meeresboden im zentralen Bereich der Amrumbank durchragen. Weiterhin gibt es zusammenhängende, bandartige Steinfelder entlang der Flanken des Elbe-Urstromtals. Aber auch verstreute Steinfelder prägen den Meeresboden des Sylter Außenriffs. Zudem ist das Sylter Außenriff eines der wichtigsten Aufzucht- und Fortpflanzungsgebiete für Schweinswale in der AWZ. Hier wurde stetig die größte Konzentration an Schweinswalen nachgewiesen (Sell et al., 2011). Dies unterstreicht die enorme ökologische Bedeutung des Sylter Außenriffs.
Die Gebiete des Sylter Außenriffs sind unterschiedlich stark von Fischereieinflüssen betroffen. Während die Steinfelder der Riffbereiche weitgehend ungestört sind, ist gerade der östliche Bereich des Sylter Außenriffs flächendeckend durch Fischereiauswirkungen gestört. Gerade die Amrumbank wird jährlich mehrfach befischt (Sell et al., 2011). In einigen Bereichen sind die Populationen empfindlicher Benthosarten durch die Fischereiauswirkungen stark reduziert (Sell et al., 2011). Im Zuge des Fischereiausschlusses könnten sich somit nicht nur die Fischpopulationen, sondern auch die benthischen Gemeinschaften erholen.
Aufnahmen der Artenvielfalt am Sylter Außenriff mit der beköderten Unterwasserkamera (copyright: Stephanie Helber, Institut für Chemie und Biologie des Meeres)
Referenzen
BfN. Erhaltungsziele für das FFH-Gebiet „Sylter Außenriff “ ( DE 1209-301 ) in der deutschen AWZ der Nordsee2008a:1–22.
BfN. Erhaltungsziele für das FFH-Gebiet „Doggerbank“(DE 1003-301) in der deutschen AWZ der Nordsee 2008b:1–11.
BfN. Erhaltungsziele für das FFH-Gebiet „Borkum-Riffgrund“ (DE 2104-301) in der deutschen AWZ der Nordsee 2008c:1–19.
www.bfn.de/themen/meeresnaturschutz/nationale-meeresschutzgebiete/nordsee-awz/borkum-riffgrund.html
Sell A, Pusch C, von Dorrien C, Krause J, Schulze T, Carstensen D. Maßnahmenvorschläge für das Fischereimanagement in Natura 2000-Gebieten der deutschen AWZ der Nord- und Ostsee. 2011